Der Mann klagte sich zurück, er ist nun wieder Führungskraft. Und die Mutter Ramona S. ist seither krankgeschrieben. Angeblich leidet sie unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Doch das glaubt der Anwalt der chinesischen Eltern nicht, die ihre Tochter verloren haben. Sie wollen die Krankenunterlagen sehen - und die Staatsanwaltschaft hat sich angeschlossen. Im Gefängnis beschwert sich Sebastian F. ständig Die Mutter schrieb an die Richterin, sie könne nicht vor Gericht erscheinen, weil der Anblick ihres Sohnes auf der Anklagebank sie nicht mehr klar denken und aussagen lasse. Ramona S. und ihr Mann sehen sich in "Sippenhaft", gegen sie werde eine "Hexenjagd" betrieben, schreibt Ramona S. Dabei lässt das Land Sachsen-Anhalt die Frau seit einem Jahr privatisieren. Ihr Sohn sitzt seit November auf der Anklagebank: groß, muskulös, ungerührt. Die Justizbeamten aus der JVA berichten, er beschwere sich ständig: über die Anstaltsärztin, über zu wenig Sportangebote, darüber, dass es in der Zelle zieht.
Später wurde die Leiche der 25-Jährigen gefunden, sie starb laut Obduktion nach massiver Gewalt. Die Tat hatte für Entsetzen gesorgt, ebenso das Verhalten der Angeklagten. Die Studentin war beim Joggen in ein Haus gelockt worden, wo sie laut Gutachten ein Martyrium bis zum Tod erlitt. Die Anwälte der Eltern der Chinesin hatten in dem Revisionsverfahren in der vergangenen Woche vor dem Bundesgerichtshof (BGH) eine härtere Strafe gegen die Ex-Freundin des mutmaßlichen Haupttäters gefordert. Als Nebenkläger wollen sie erreichen, dass die junge Frau ebenfalls wegen Mordes verurteilt wird. Die Angeklagte selbst ist mit dem Dessauer Richterspruch nicht einverstanden. Sie legte ebenfalls Revision gegen das Urteil ein. Eine Entscheidung der Karlsruher Richter soll an diesem Donnerstag verkündet werden (Az. 4 StR 87/18). Dieser Artikel ist älter als ein Jahr. Es gibt inhaltlich möglicherweise einen aktuelleren Stand.
Xenia I. vor Gericht in Dessau (August 2017) Foto: Sebastian Willnow/ dpa Sie war bloß joggen und fast schon wieder zu Hause, als die chinesische Architekturstudentin Yangjie Li auf die 20-jährige Xenia I. traf. Es war eine Zufallsbegegnung im Mai 2016 in Dessau. bat die Studentin, ihr beim Kistentragen zu helfen. Yangjie Li half. Es war eine Falle. Im Haus wartete bereits Sebastian F. Noch im Treppenhaus fiel er über die 25-Jährige her, Yangjie Li wehrte sich. Vergeblich. Was folgte, war ein Martyrium: Das Paar zerrte die Chinesin in eine leer stehende Wohnung, wo sie über Stunden gequält und vergewaltigt wurde. Yangije Li war als Austauschstudentin in die Bauhaus-Stadt in Sachsen-Anhalt gekommen. Sie überlebte die Nacht nicht. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in dem Fall entschieden. Am Mittwochnachmittag bestätigte der 4. Strafsenat das Urteil des Landgerichts Dessau gegen Xenia I. Wegen sexueller Nötigung war sie im August 2017 zu einer Jugendstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt worden.
Als schicksalshaft bezeichnete der Psychiater die Beziehung des Angeklagten zu seiner Mutter. Ramona S. ist Polizistin. Sie verweigerte die Aussage vor Gericht, weil sie psychisch nicht in der Lage sei, sich der Situation zu stellen, wie sie der Richterin im Januar schriftlich mitteilte. Dafür postete sie auf Facebook, sie wolle nicht mit Idioten reden. Vor ein paar Jahren hatte Ramona S. den Polizeichef von Dessau geheiratet. Der distanzierte sich vor Gericht von seinem Stiefsohn. Der Innenminister hatte ihm nach dem Fall die moralische Eignung als Führungskraft abgesprochen und ihn versetzt. Mittlerweile hat er sich auf den Posten zurückgeklagt. Die Arbeit der Polizei wirft im Zusammenhang mit dem Mord an der Studentin viele Fragen auf: Beweisstücke wurden übersehen, ein wichtiger Zeuge erst Wochen später befragt und Videoaufzeichungen eines benachbarten Geschäfts erst auf Drängen des Besitzers gesichtet. Unklar war zunächst, ob Sebastian F. nach Jugendstrafrecht verurteilt wird. Der Psychiater kam jedoch zu dem Schluss, dass es keinen nennenswerten erzieherischen Einfluss auf Sebastian F. mehr gäbe.
Über die getötete Studentin sagt er kein Wort. Nur das: Er sei es nicht gewesen. Das seien alles Märchen. Vor Gericht wird gerade das Gegenteil bewiesen.
Immer, wenn es für sie heikel werden könnte, verkriecht sich die Angeklagte in ihren Pullover, weint - und schweigt. Der Kern ihrer Darstellung: Während ihr Freund im ersten Stock des Hauses die Studentin zu Tode martert, geht sie in ihre Wohnung und bringt die Kinder zu Bett. Der Mord findet ohne sie statt. Die Eltern von Yangjie Li, der Vater arbeitet selbst als Polizist, überzeugt das nicht. Peitzner: "Da stellt sich doch von vornherein die Frage, was nach der Vergewaltigung passieren soll, zumal die Angeklagten die eigene Adresse zum Tatort gemacht haben. " Soviel scheint indes sicher: Nichts ist passiert, was Yangjie Li hätte retten können. Xenia I. kehrt zurück, ohne Hilfe zu rufen. Entsetzliche Gleichgültigkeit bei den Mördern der chinesischen Studentin Das Publikum im Gerichtssaal reagiert. Es erkennt im Verhalten als ein ungeheuerliches Maß an Gleichgültigkeit. Das entsetzt, macht fassungslos. Sein Beruf verpflichtet Peitzner, in der Verhandlung die nötige Distanz zu wahren. Aber Familie Li kann die Gefühllosigkeit der Täter auch mit zeitlichen Abstand nicht verstehen.
Xenia I. Foto: Sebastian Willnow/ dpa Eine Frau, Mitte 50, drängt sich im Landgericht Dessau durch die Tür des Verhandlungssaals, dem herausströmenden Publikum entgegen. "Ich wollte bloß mal sehen, wie furchtbar der Mann aussieht", erklärt sie entschuldigend. "Der sieht nicht furchtbar aus", antwortet eine andere Frau. "Der ist furchtbar! " Die Rede ist von dem 21-jährigen Sebastian F., Sohn einer Polizistin und eines Polizisten, der gerade wegen der Ermordung der 25-jährigen Architekturstudentin Yangjie Li zu lebenslanger Haft mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verurteilt wurde. Seine gleichaltrige Mittäterin und Ex-Freundin Xenia I. muss wegen schwerer sexueller Nötigung eine Jugendstrafe von fünfeinhalb Jahren verbüßen. Die Verurteilten müssen den Eltern des Opfers 60. 000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Als die Vorsitzende Richterin Uda Schmidt das Urteil gegen Xenia I. verkündete, ging ein Raunen durch das Publikum. Mancher hat wohl eine härtere Strafe erwartet. War es doch diese kleine, harmlos wirkende Frau gewesen, die das Opfer am Abend des 11. Mai 2016 ins Verderben gelockt hatte.